Transkript des Interviews vom 13.01.2023, geführt mit Friederike Bergstedt, Zentrale Gleichstellungsbeauftragte und Nadine Müller, Stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte, geführt und aufgenommen von Friederike Kruszona
Zu den Audiodateien: https://warum-rub.blogspot.com/2023/01/interview-mit-dem-zentralen.html
1. Was bedeutet für Sie Gleichstellung an der RUB?
[Ich halte
Gleichstellung für ein sehr wichtiges Thema an der RUB. Für mich ist das eine
Querschnittsaufgabe, die sich durch alle Bereiche einer Universität zieht, also
alle Gruppen betrifft und hat auch was also vor allem mit mit [sic] Gerechtigkeit
und Chancengleichheit für mich zu tun. Ich finde eine Universität hat die
Aufgabe, dass sie Allen, die dort studieren und arbeiten möchten, die gleichen
Karrierechancen bietet, also die gleichen Möglichkeiten, um ihre Talente zu
entwickeln. Das heißt das möglichst auch alle Fächer für alle offen stehen,
dass die Universität möglichst diskriminierungsfrei ist und dass wir dort und
das sind vor allem auf den oberen Ebenen der Karrierestufen, dass wir dort auch
die Frauenanteile erhöhen. Da ist noch viel zu tun und von daher denke ich,
dass es eine wichtige Aufgabe bleibt, auch noch in den kommenden Jahren.]
Friederike Bergstedt, Zentrale Gleichstellungsbeauftragte
[Gleichstellung
bedeutet für mich einfach auch eine Einstellung zum Leben und Wirken in einer
Gesellschaft und ich verstehe unter Gleichstellung einfach diese verschiedenen
Perspektiven zusammenzubringen. Also das heißt, Gleichstellung habe ich erlebt
aus der Perspektive als ich selbst Studentin gewesen bin, dann an der
Universität mit Blick auf meine Rolle als Mitarbeiterin dieser Universität und
natürlich auch als Privatperson, Nadine Müller und ja diese Facetten zusammen
zu bekommen, das finde ich immer eine sehr spannende Aufgabe und dass das Ganze
in einem hat mich eine Relevanz.]
Nadine Müller, Stellv.
Gleichstellungsbeauftragte (MTV)
2. Welche Aufgabe
haben Sie im Gleichstellungsbüro?
[Ich bin zentrale Gleichstellungsbeauftragte
der Ruhr-Uni Bochum und als solche leite ich das Gleichstellungsbüro und Ansprechpartnerin
für alle Mitglieder der Ruhr-Uni Bochum, das sind an die 50.000 Menschen, die
sich an mich wenden können für individuelle Beratung. Ich bin Ansprechpartnerin
für alle Fragen von Diskriminierungen oder eben auch Fragen zur Vereinbarkeit
von Studium und Familie oder Beruf und Familie. Ich begleite Auswahlverfahren für
Stellen, die wir an der Ruhr-Universität Bochum besetzen mit gemeinsam mit
meinen Stellvertreterinnen und auch den dezentralen Gleichstellungsbeauftragten
in den Fakultäten versuchen wir eben möglichst viele Auswahlverfahren zu
begleiten und ich sitze in den zentralen Gremien der Ruhr-Uni Bochum, weil sehr,
sehr viele Themen, mehr als ich anfangs vermutet hätte oder vielleicht manche
vermuten würden, haben auch einen Gleichstellungsbezug und da geht es dann eben
aufzupassen, dass diese auch berücksichtigt werden.]
Friederike Bergstedt, Zentrale Gleichstellungsbeauftragte
[Ich bin Nadine Müller
und bin stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte mit dem Schwerpunkt für die
Mitarbeitenden in Technik und Verwaltung und in dieser Funktion begleite ich
Auswahlverfahren und für Stellenbesetzung und auch verschiedene Gremien der
Universität. Ich nehme Teil, beispielsweise, an den sogenannten Vierteljahresgesprächen,
das sind Gespräche, die werden geführt zwischen Personalrat und der Universitätsleitung.
Dort sind wir vom Gleichstellungsbüro eben auch dabei. Dann kommen wir zum
Einsatz, beispielsweise in Konfliktfällen, die dann auch gegebenenfalls gelöst
werden in einem AGG-Beschwerdefall oder wir kümmern uns in verschiedenen Ebenen
um Konfliktlösungen. Auch haben wir ganz engen Austausch mit dezentralen Gleichstellungsbeauftragten,
also in jeder Fakultät oder zentralen wissenschaftlichen Einrichtungen mit über
20 Mitarbeitenden werden eben auch dezentrale Gleichstellungsbeauftragte
gewählt. Und das sind so grob die Aufgaben.]
Nadine Müller, Stellv.
Gleichstellungsbeauftragte (MTV)
3. Was würde Sie
sagen, hat sich in den letzten Jahren in Bezug auf Gleichstellung an der RUB
zum positiven und/oder negativen verändert?
[Wenn ich auf die letzten Jahre Blicke und die Entwicklung in Bezug auf Gleichstellung, dann hat sich vieles zum Positiven verändert. Wenn wir auf Zahlen schauen, dann nimmt der Anteil der Professorin, wenn man auf die oberste Hierarchieebene gucken, der nimmt stetig zu aber auch sehr allmählich. Also im Schnitt liegt die Zunahme pro Jahr bei etwa, bei knapp einem Prozentpunkt, aber wir sind inzwischen bei 30 Prozent und hoffen, dass die Entwicklung eben auch so weitergeht und vielleicht auch noch etwas schneller. Wo sich das sprunghafter entwickelt hat, das sind die zentralen Gremien, da haben wir inzwischen über alle zentralen Gremien hinweg, wenn man da einen Durchschnitt bildet, dann haben wir eine Geschlechterparität dort. Wir haben Gremien, also Moment auch das Rektorat zum Beispiel, wo sogar der Frauenanteil überwiegt und ich bin vor sechs Jahren in das Amt der Gleichstellungsbeauftragten zum ersten Mal gewählt, damals war der Männeranteil im Senat der mich gewählt hat lag noch bei 70 Prozent. Auch dort herrscht zwischen einer Geschlechterparität. Wie gesagt, diese Entwicklung, die ging deutlich schneller als auf bei den Professorinnen und Professoren. Es gibt aber auch Themen, da hat man manchmal den Eindruck, dass sich wenig entwickelt und wo ich davon ausgehe, dass das immer bleiben wird: Das ist der Ansatz für einen möglichst diskriminierungsfreien Campus. Da glaube ich muss die Universität stetig am Ball bleiben und immer wieder zeigen, Haltung zeigen, dass richtet sich sowohl an die Leitung, die da Haltung zeigen muss, aber auch an alle Mitglieder der Universität, dass wir mit mit Zivilcourage, mit Respekt hier miteinander auf dem Campus agieren. Dann gibt’s in jüngerer Zeit so eine Entwicklung, die ich mitbekomme, dass ich oftmals gefragt werde ‚Warum gibt es überhaupt noch eine Gleichstellungsbeauftragte und warum ist das eine Frau und warum ist das kein Mann und wer setzt sich eigentlich für Männer ein?‘ Und da habe ich das Gefühl, dass dadurch, dass es inzwischen eben Gleichstellungsbeauftragte heißt, nicht mehr Frauenbeauftragte, dass das suggeriert als wäre wirklich alle schon gleich und als hätten alle wirklich die gleichen Chancen auf dem Campus. Es ist aber immer noch so, dass wir auf den oberen Hierarchieebenen fast flächendeckend, also fast überall viel weniger Frauen als Männer finden. Also da gilt das immer noch viel eben zu tun und auch wenn wir uns Statistiken angucken, wir hatten so vor kurzer Zeit auch noch mal eine Befragung unter Studierenden, da stellt sie heraus, dass eben das Thema sexuelle Diskriminierung immer noch eins ist, was statistisch sehr, sehr signifikant ist und wo eben ein Großteil von Frauen von betroffen sind und dass das eben, auch wenn rechtlich Vieles oder Alles gleichgestellt ist, dass es trotzdem eben immer noch Hürden gibt, besondere Hürden, die Frauen überwinden müssen und deshalb ist das eine Frage, die ich heute auch immer noch damit beantworte: es Bedarf immer noch eine eigenen Frauenförderung und ich bin auch immer noch dafür, dass die Gleichstellungsbeauftragte eine Frau ist, als Vertrauensperson für Personen, vor allem für diejenigen, die eben aufgrund von Diskriminierungserfahrung sich an die Gleichstellungsbeauftragte wenden möchten.]
Friederike Bergstedt,
Zentrale Gleichstellungsbeauftragte
[Ja, was hat sich in
den letzten Jahren zum Thema Gleichstellung verändert. Was mir auffällt ist,
dass vor allem Forschungsverbünde, Drittmittelgeber*innen verlangen ein Gleichstellungskonzept
bei Einreichungen von Anträgen und das wäre ein Baustein, der sich verändert hat.
Dann gerade das Thema gendergerechte Sprache, dass nimmt gerade Einzug auch in
die Universität und erzeugt da halt auch ja wie, im [sic] anderen Lebensbereichen,
auch Irritation. Und dann haben wir immer noch die Schnittstelle zur Diversität
oder eben auch zum Gender Mainstreaming. Da sehen wir halt, dass es an der
Universität Bewegung gibt, dass ich eben nicht mehr alles im Gleichstellungsbüro
konzentriert und bündelt, sondern eben mit Einrichtungen des Prorektorates für
Diversität, Talent Förderung und Förderung, dass das auf andere Kanäle auch
verteilt wird und eben auch die Einrichtung der Antidiskriminierungstelle seit
letztem Jahr.]
Nadine Müller, Stellv.
Gleichstellungsbeauftragte (MTV)
4. Was wünschen Sie
sich in Zukunft von der Uni, damit Gleichstellung noch besser funktionieren
kann?
[Ja, ich wünsche mir,
dass die Universität auch zukünftig einen Schwerpunkt auf die Förderung von
Gleichstellung legt. Also die Förderung von Frauen ist immer noch notwendig,
das zeigen uns die Zahlen, viele Statistiken, dass da immer noch viel zu tun
gibt [sic] und dass wir da am Ball bleiben. Das heißt für mich, dass es unter
anderem Personalentwicklungsmaßnahmen gib für Frauen die Wissenschaftlerinnen werden
wollen, dass wir faire Auswahlverfahren haben, wo eben alle eine gleiche Chance
haben. Für mich bedeutet das auch ganz, also insgesamt für die Universität, und
das ist der Appell an alle Mitglieder der Universität, dass wir eine größtmögliche
Offenheit und Vorurteilsfreiheit haben, dass wir mit viel Zivilcourage
füreinander eintreten, uns auch einsetzen, auch dort wo wir mal Zeug*innen
werden von Diskriminierungen und einfach auch viel ja Aufmerksamkeit
füreinander haben. Das sind so meine Wünsche an eine zukünftige Universität.
Vielleicht noch ein Thema, viele Karrieren von Frauen sind immer noch
schwierig, weil das Thema Vereinbarkeit leider immer noch ein sehr weibliches
Thema ist. Das hat die Corona Pandemie noch mal gezeigt und ich wünsche mir,
dass es viele, viele engagierte Väter zukünftig gibt. Das kann die Universität
auch noch etwas unterstützen und das eben überhaupt auf diese Vereinbarkeit von
Studium und Familie und von Beruf und Familie eben auch immer noch ein gutes
Auge gelegt wird und dass das eben ermöglicht wird, weit- ja weitestgehend oder
vollständig.]
Friederike Bergstedt,
Zentrale Gleichstellungsbeauftragte
5. Gibt es eine
persönliche Anekdote oder Erfahrung, die Sie teilen möchten?
[Wenn ich an meine,
auf meine sechsjährige Amtszeit zurückblicke, dann gibt es einen Tag, an den
ich mich besonders gerne erinnere, das war im Jahr 2019 der Tag der
Gleichstellung. Da haben wir vom Gleichstellungsbüro alle Initiativen und
Projekte auf dem ganzen Campus, die sich irgendwie um das Thema Gleichstellung drehen,
haben wir eingeladen ins Audimax-Foyer und daraus ist ein wunderbarer, bunter
Tag geworden mit vielen engagierten Menschen, es gab ganz viele verschiedene
Stände, aber wir hatten auch dort Keynote-Sprecherinnen. Wir hatten eine Lesung,
Diskussion zu dem Thema und dieser Tag, der ist meiner Erinnerung eben voller
Leben und engagierter Menschen und ich denke, dass zeigt auch noch mal, dass
ich jetzt als Gleichstellungsbeauftragte zwar eine wichtige Funktion an der Ruhr-Uni
einnehmen kann, aber dass es, also es bedarf einfach ganz vieler Menschen und
die gibt es auch auf dem Campus, die sich für das Thema interessieren, die daran
mitarbeiten möchten, die sich dafür engagieren und ja es braucht eben immer
wieder einer Belebung, da kann der Gleichstellungsbeauftragte noch so viel
machen, aber ohne die Menschen auf dem Campus geht da eben nur wenig und das
habe ich einfach als ganz wunderbar in Erinnerung und hat noch mal gezeigt eben,
das gemeinsam eben, man am meisten bewegen kann.]
Friederike Bergstedt,
Zentrale Gleichstellungsbeauftragte
[Eine Anekdote, die
ich teilen möchte zum Thema Gleichstellung ist die Veranstaltung ‚Am Puls der
Zeit‘. Das ist eine Veranstaltung zu der in jedem Jahr alle Frauen, aus dem
Bereich Technik und Verwaltung eingeladen werden, an Workshops teilzunehmen, es
gibt eine Keynote und dabei eben auch die Möglichkeit zum Austausch an Stehtischen
und bei einem kleinen Snack. Das hatte sich über ganz, ganz viele Jahre
etabliert und ich erinnere mich noch an den Tag als es zum ersten Mal stattfand
im Audimax, über die die große Resonanz der der Frauen die dort hinkamen und ich
war dort auch, ja, Gästin. Hatte [sic], da war ich noch nicht im Gleichstellungsbüro
beschäftigt. Und habe das eben aus der Sicht einer Teilnehmerin erlebt und fand
das einfach nur eine sehr, sehr schöne, gelungene Sache. Das hat sich über die
Jahre etabliert und dann war Corona und es war das erste Jahr meiner Amtszeit
als stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte und dann haben wir im Team
überlegt, was wir machen können und das wurde dann eine digitale Veranstaltung ‚Am
Puls der Zeit‘ ins Leben gerufen und das hat sich einfach ausgezahlt, dass wir
das in der Form auch gemacht haben. Es ist natürlich nicht vergleichbar mit
Veranstaltungen in Präsenz, aber man sieht einfach, dass das Interesse und die Teilnehmenden
da sind, die die sich eben auf diese Veranstaltung auch sehr freuen. Das ist eine
schöne Erinnerung.]
Nadine Müller, Stellv.
Gleichstellungsbeauftragte (MTV)
Wir danken dem Zentralen Gleichstellungsbüro für die Teilnahme an der Aufnahme des Interviews und der Unterstützung der Ausstellung.
(Die Aufnahmen wurden geringfügig zugeschnitten, in Absprache mit den interviewten Personen, um Füllwörter und Versprecher zu entfernen. Die Originalaufnahmen sind auf Anfrage einsehbar.)
Kommentare
Kommentar veröffentlichen