Transkript des Interviews mit der Prorektorin für Diversität, Inklusion und Talentförderung der RUB

Transkript des Interviews vom 20.01.2023, geführt mit der Prorektorin für Diversität, Inklusion und Talententwicklung, Prof. Dr. Isolde Karle, geführt und aufgenommen von Friederike Kruszona 

Zu den Audio-Dateien: https://warum-rub.blogspot.com/2023/01/interview-mit-der-prorektorin-fur.html


1. Was bedeuten für Sie Diversität und Inklusion an der RUB?


[Ja, Diversität bedeutet schlicht, die Vielfalt der Studierenden, aber auch der wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen oder Wissenschaftler*innen und natürlich auch der Mitarbeiter*innen in Technik und Verwaltung, also aller Universitätsangehöriger überhaupt mal wahrzunehmen. Also, sozusagen, da sind wir seit Jahrzehnten dabei, dass wir wahrnehmen, da gibt es Frauen und nicht nur Männer und wie man die fördern kann, damit wirklich Gleichstellung passiert und jetzt ist der Fokus in den letzten Jahren geht zunehmend auch auf andere Gruppen hin und da ist ja gerade die Universität sehr, sehr stark. Also wir haben über 50 Prozent first generation students, also das ist die Mehrheit. Obwohl die sich selbst öfters marginalisiert fühlt, ist sie die faktisch die Mehrheit und von diesen über 50 Prozent first generation students sind auch sehr viele Studierende, die eine Zuwanderungsgeschichte haben oder ihre Eltern, die eine Zuwanderungsgeschichte haben. Und insofern, sozusagen, ist eine große Buntheit und Vielfalt. Wir haben auch, ich glaube, es waren 12 Prozent, wir haben eine Studie gemacht, 12 Prozent Muslime auf dem Campus, also auch religiös eine ziemlich große Diversität, ja und all das gilt es eben, sozusagen, wirklich wahrzunehmen, weil das nicht so selbstverständlich, sage ich mal jetzt, in dem Fokus ist, von einer Universität, die traditionell auf eine Bildungsbürgerschicht, sozusagen, zugreift und sich aus dieser rekrutiert hat.]

Prof. Dr. Isolde Karle,Prorektorin für Diversität, Inklusion und Talententwicklung 


2. Welche Aufgaben haben Sie als Prorektorin für Diversität, Inklusion und Talententwicklung?


[Also als Prorektorin für Diversität, Inklusion und Talentwicklung geht es eben darum, die Studierenden-Gruppen zum Beispiel, aber auch Wissenschaftler*innen zu ermutigen, die sich vielleicht selbst nicht im Fokus, im Zentrum einer Universität wahrnehmen und damit auch hidden talents zu entdecken. Talente sind eben nicht bürgerlich oder männlich, sondern ganz vielfältig verteilt und da macht die Ruhr-Universität ja schon sehr lange, eine sehr gute Arbeit, im Hinblick auf Talent Scouting und so weiter und so fort, aber da gilt es einfach noch mal deutlich mehr zu tun. Im Moment zum Beispiel ermutigen wir sehr stark, dass auch sich mehr Studierende bewerben auf Stipendien, die sie enorm unterstützen würden, nicht nur finanziell, sondern auch ideell oder wir versuchen über unconscious bias Fortbildungen bei Führungskräften, bei Professor*innen künftig gezielt stärker dem entgegenzuwirken, dass man sozusagen immer diejenigen Personen am besten findet, so sind wir sozusagen gepolt, die so möglichst ähnlich sind wie wir selbst. Sondern dass man hier auch die andere Seite der anderen wahrnimmt und versucht sozusagen sich ein Stück weit über die Schulter zu gucken, im Hinblick auf seine eigenen Vorurteile und denen entgegenzuwirken.]

Prof. Dr. Isolde Karle,Prorektorin für Diversität, Inklusion und Talententwicklung 


3. Was würde Sie sagen, hat sich in den letzten Jahren in Bezug auf Diversität und Inklusion an der RUB zum positiven und/oder negativen verändert?


[Also ich sehe als Prorektorin natürlich vor allem natürlich positive Entwicklungen, weil wir einfach verstärkt Anstrengungen unternehmen, die die Diversität überhaupt sichtbar zu machen. Im Moment, da gibt es auch einen inklusiven Hochschulplan. Das heißt, es geht dann vor allem mit Blick auf Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung, dass wir da sozusagen versuchen noch mal Barrieren abzubauen, sowohl konkrete, wie auch in der Lehre. Also, sozusagen, es gibt so viele Bereiche, wo wir die Anstrengungen deutlich erhöht haben und stärker auf Bedürfnisse, die eben ganz unterschiedlicher Natur sind, sei es von Studierenden, sei es von Mitarbeitenden, zu beziehen und damit sehr viel mehr möglich zu machen. Klassisch ist natürlich auch die ganzen Care-Fragen, ja, also sozusagen, dass wir jetzt, wir haben zwei Kindergärten, betriebseigene sozusagen, wir versuchen natürlich auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, für besonders viele Frauen, ist halt leider immer noch so, dass das, gefühlt, stärker im Zuständigkeitsbereich der Mütter liegt als der Väter, aber hier auch, da viel zu fördern und möglich zu machen und da ist natürlich immer Luft nach oben. Also das größte Problem sehe ich eigentlich darin, dass die Kommunikation funktioniert. Wir sind halt eine sehr, sehr große Universität und das was wir uns sozusagen im Team „Diversität“ ausdenken, das ist sehr schwer das so zu kommunizieren, dass es wirklich auch in den Fakultäten und Einrichtungen ankommt. Oder umgekehrt, dass wir auch mitbekommen, wo drückt denn dort der Schuh? Also, wo gibt es Probleme? Aber, sozusagen, da sind wir jetzt ja auch auf dem Weg, sozusagen, am Toiletten for all genders zu etablieren und also versuchen an vielen Stellen, sozusagen, auch bei dem Hinblick auf die Gender- und Geschlechtervielfalt, dem Rechnung zu tragen. Auch im Hinblick auf den Sprach-Guide, der demnächst auf dem Weg kommen soll zur genderinklusiven Sprache und so weiter. Also wir sind da glaube ich sehr aktiv, aber es ist immer die Frage, was am Ende des Tages wirklich ankommt und es ist sehr schwer, so was wie ein Bewusstseinswandel zu evozieren. Der muss ich halt ereignen und das werde ich dann am Ende sehen, was da sozusagen, wirklich sich verändert hat, oder werden wir am Ende sehen. Aber ich denke, wir haben da schon ein gutes Stück Weg, sind wir gerade dabei zu gehen und sind das auch schon gegangen.]

Prof. Dr. Isolde Karle,Prorektorin für Diversität, Inklusion und Talententwicklung 


4. Gibt es eine persönliche Anekdote oder Erfahrung, die Sie teilen möchten?


[Also ich selbst bin oder war ein first generation student und kommt von einem Bauernhof, mit drei Brüdern, und, sozusagen, ich sage immer so „Feminismus war für mich eine Überlebensstrategie“ so, und ich habe vor allem dann, ich bin ja Theologin, feministische Theologie im Studium dann kennengelernt und fand das sehr spannend und dann war ich auch in den USA und für mich war eigentlich so, dass das einschneidende Erlebnis, dass ich in den USA eine sehr, sehr starke empowerment Kultur kennengelernt habe und da sehr stark gefördert worden bin, also ohne die USA hätte ich sicherlich keine akademische Karriere eingeschlagen und das ist sozusagen für mich so, so selbst prägend, also ohne diese starke Ermutigung, damals vor allem von einer Schwarzen Professorin, die mir gesagt hat: „du musst unbedingt akademisch Karriere machen“, wär ich bestimmt nicht in diese Richtung gegangen. Wir hatten damals Massenuniversität, also sozusagen jetzt in meinem Fach war das damals wirklich anders als heute, mit vielen, vielen, vielen Hundert in einer Vorlesung, und also und ich war da sozusagen, da fühlte ich mich wirklich komplett am Rand. Und ja, also das ist sozusagen, persönlich, ist es für mich eine sehr prägende Erfahrung gewesen, dass ich eben denke, dass ich ohne da gezielt darauf angesprochen zu werden, auf meine Talente, die sicherlich nicht so hätte, entfalten können. Und deshalb ist es mir natürlich sehr, sehr wichtig auch andere zu ermutigen, sein es Studierende, sein es Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler, dass sie wirklich ihre Talente entfalten und entwickeln können. Und das kann man ja auch auf ganz unterschiedlichen Ebenen, das muss nicht immer die Wissenschaft sein, sondern das kann auch hinterher im Beruf sein und, und auch im Hinblick auf die vielen Studierenden, die wir an der RUB haben, das sind das sozusagen, das ist eben insgesamt hoch Divers. Und um wirklich Studierende da zu begleiten und deshalb heißt es für mich im Übrigen auch Exzellenz-Universität, wir werden uns ja wieder da bewerben, vermutlich, um in der Exzellenzstrategie hat nicht, hat nichts Elitäres, sondern es hat, es soll etwas Inklusives haben. Exzellenz ist, wenn ganz viel Unterschiedliches gut läuft, im Hinblick auf die Talententwicklung und Talentförderung.]

Prof. Dr. Isolde Karle,Prorektorin für Diversität, Inklusion und Talententwicklung 


Wir danken der Prorektorin für Diversität, Inklusion und Talententwicklung, Prof. Dr. Isolde Karle, für die Teilnahme an der Aufnahme der des Interviews und der Unterstützung der Ausstellung.

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